Guten Morgen.
Sagt mir heute auch mein Kater. Der
schnurrt nur leider nicht leibhaftig neben mir, sondern in meinem Schädel. Denn
gestern haben wir gefeiert. Und dem Anlass höchst angemessen nicht nur gut
gegessen, sondern auch das ein oder andere Gläschen Wein getrunken. Das war ein
Fehler, sagt mein verkaterter Kopf. Aber: Heute sind Fehler ja willkommen! In
den USA genießt man diesen Tag: Der 15. August heißt in Amerika auch „Feiertag
der Fehler“.
Was es an Fehlern zu feiern gibt? Nun,
jede Menge. Ich habe schon manches Kind getauft, von dem die Eltern sagten:
Nun, geplant war´s nicht, eigentlich ein „Fehltritt“ – aber der beste, der uns
je passiert ist. Und da ist das Paar, das ich vor kurzem getraut habe: Die
größte Schwäche des Bräutigams ist: Unpünktlichkeit. Doch ohne diesen Makel,
hätte er seine Frau nie getroffen. Den geplanten Zug verpasst, den nächsten
genommen – und im Abteil der Traumfrau begegnet, so kann’s gehen.
Und ohne einen besonderen Fehler wären
viele von uns gar nicht mehr am Leben: Hätte der schottische Biologe Sir
Alexander Fleming im September 1928 vor seinem Urlaub seinen Müll aus dem Labor
ordentlich entsorgt, dann hätte er niemals das lebensrettende Penicillin
gefunden. Er hatte eine Glasschale mit krankmachenden Bakterien vergessen. Die
hatte in seiner Abwesenheit Schimmel angesetzt – und dieser Schimmel hatte die
Bakterien getötet. Sir Alexanders Schimmelpilz trägt den stolzen Namen
„Penicillium notatum“ – uns besser bekannt als das Antibiotikum Penicillin.
In der Bibel finde ich oft den Aufruf:
Vermeide Fehler. Sei möglichst makellos. Worte aus der Bibel werden darum oft
als Waffen eingesetzt, um Menschen auf ihre vermeintlichen Fehler aufmerksam zu
machen. Das ist allerdings ziemlich unchristlich. Und auch nicht dem Leben
dienlich, denn: Wenn Sie mal zurückschauen: Was war Ihr größter Fehler im
Leben? Hat er sich immer falsch angefühlt? Oder hat er auch Gutes bewirkt? Was
haben Sie daraus gelernt? Wie hat dieser Fehler Sie verändert?
Meine liebste Fehlergeschichte der
Bibel ist diese: Ein Winzer ärgert sich über einen Feigenbaum auf seinem
Weinberg. Drei Jahre hintereinander schon trägt er keine Früchte. Und so sagt
der Winzer im dritten Jahr zu seinem Gärtner: „Es reicht! Dieser Baum nimmt dem
Boden nur unnütz seine Kraft. Hau ihn um!“ Doch der Gärtner bittet um Zeit:
„Herr, bitte, gib ihm noch ein Jahr. Lass den Baum nur noch ein weiteres Jahr
stehen; ich will den Boden drumherum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er
ja doch noch Früchte – wenn nicht, okay, dann hau ich ihn um.“ (Frei nach Die
Bibel, Lukas 13,6-9)
Manches braucht Zeit, um verstanden zu
werden. Aus manchen Fehlern wachsen Früchte, die wir noch nicht sehen können.
Fehler, die dann eigentlich guttun und heilen. Fehler wie Penicillin, verpasste
Züge, Ehefrauen und Kinder. Oder wie die Hochzeits-Feier gestern. Meine eigene
Hochzeits-Feier. Ganz sicher kein Fehler. Lieber Kater, sei mir lächelnd
willkommen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Fehler-Feiertag. Alles Gute!
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
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