Feiertag der Fehler

Sonntagskirche | 15.08.2021 | 00:00 Uhr

Guten Morgen.

Sagt mir heute auch mein Kater. Der

schnurrt nur leider nicht leibhaftig neben mir, sondern in meinem Schädel. Denn

gestern haben wir gefeiert. Und dem Anlass höchst angemessen nicht nur gut

gegessen, sondern auch das ein oder andere Gläschen Wein getrunken. Das war ein

Fehler, sagt mein verkaterter Kopf. Aber: Heute sind Fehler ja willkommen! In

den USA genießt man diesen Tag: Der 15. August heißt in Amerika auch „Feiertag

der Fehler“.

Was es an Fehlern zu feiern gibt? Nun,

jede Menge. Ich habe schon manches Kind getauft, von dem die Eltern sagten:

Nun, geplant war´s nicht, eigentlich ein „Fehltritt“ – aber der beste, der uns

je passiert ist. Und da ist das Paar, das ich vor kurzem getraut habe: Die

größte Schwäche des Bräutigams ist: Unpünktlichkeit. Doch ohne diesen Makel,

hätte er seine Frau nie getroffen. Den geplanten Zug verpasst, den nächsten

genommen – und im Abteil der Traumfrau begegnet, so kann’s gehen.

Und ohne einen besonderen Fehler wären

viele von uns gar nicht mehr am Leben: Hätte der schottische Biologe Sir

Alexander Fleming im September 1928 vor seinem Urlaub seinen Müll aus dem Labor

ordentlich entsorgt, dann hätte er niemals das lebensrettende Penicillin

gefunden. Er hatte eine Glasschale mit krankmachenden Bakterien vergessen. Die

hatte in seiner Abwesenheit Schimmel angesetzt – und dieser Schimmel hatte die

Bakterien getötet. Sir Alexanders Schimmelpilz trägt den stolzen Namen

„Penicillium notatum“ – uns besser bekannt als das Antibiotikum Penicillin.

In der Bibel finde ich oft den Aufruf:

Vermeide Fehler. Sei möglichst makellos. Worte aus der Bibel werden darum oft

als Waffen eingesetzt, um Menschen auf ihre vermeintlichen Fehler aufmerksam zu

machen. Das ist allerdings ziemlich unchristlich. Und auch nicht dem Leben

dienlich, denn: Wenn Sie mal zurückschauen: Was war Ihr größter Fehler im

Leben? Hat er sich immer falsch angefühlt? Oder hat er auch Gutes bewirkt? Was

haben Sie daraus gelernt? Wie hat dieser Fehler Sie verändert?

Meine liebste Fehlergeschichte der

Bibel ist diese: Ein Winzer ärgert sich über einen Feigenbaum auf seinem

Weinberg. Drei Jahre hintereinander schon trägt er keine Früchte. Und so sagt

der Winzer im dritten Jahr zu seinem Gärtner: „Es reicht! Dieser Baum nimmt dem

Boden nur unnütz seine Kraft. Hau ihn um!“ Doch der Gärtner bittet um Zeit:

„Herr, bitte, gib ihm noch ein Jahr. Lass den Baum nur noch ein weiteres Jahr

stehen; ich will den Boden drumherum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er

ja doch noch Früchte – wenn nicht, okay, dann hau ich ihn um.“ (Frei nach Die

Bibel, Lukas 13,6-9)

Manches braucht Zeit, um verstanden zu

werden. Aus manchen Fehlern wachsen Früchte, die wir noch nicht sehen können.

Fehler, die dann eigentlich guttun und heilen. Fehler wie Penicillin, verpasste

Züge, Ehefrauen und Kinder. Oder wie die Hochzeits-Feier gestern. Meine eigene

Hochzeits-Feier. Ganz sicher kein Fehler. Lieber Kater, sei mir lächelnd

willkommen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Fehler-Feiertag. Alles Gute!

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

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  • 15.8.2021
  • Daniela Kirschkowski
  • © CCO Pixabay
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