Musik 1: Choral, Strophe 1
Titel: Im Frieden dein, o Herre mein; Album: “Im Frieden dein, o Herre mein, RMWV 210 (für 4-stimmigen
gemischten Chor, Violine und Orgel)”; Interpreten: Solist:
Meining, Thomas (Violine), Schöne, Hans-Dieter (Orgel), Dirigent: Fritzsch,
Rainer, Chor: Kantorei Radeberg; Text: Friedrich Spitta 1898 nach einem Lied
zum Lobgesang des Simeon (Lukas 2,29-32) von Johann Englisch vor 1530; Melodie:
Wolfgang Dachstein vor 1530 Labelcode: 01958-THOROFON.
Sprecherin (overvoice):
Im Frieden dein, o Herre
mein, lass ziehn mich meine Straßen.
Wie mir dein Mund gegeben kund, schenkst Gnad du ohne Maßen,
hast mein Gesicht das sel’ge Licht, den Heiland, schauen lassen.
Autor: Im
Frieden meinen Weg gehen. Ohne Angst. In dem Vertrauen: Niemand tut mir was.
Niemand überfällt mich, fährt mich über den Haufen oder redet wie wild auf mich
ein, damit ich seinen Weg einschlage, anstatt dem zu folgen, den ich für
richtig halte. Stattdessen kann ich einfach meine Straße ziehen, im Frieden mit
mir selbst und mit meiner Umwelt.
Das sind gute Aussichten.
Beruhigend. Entlastend. Nicht nur bei einem Spaziergang, vielleicht heute
Nachmittag oder morgen, am Sonntag. Sondern auch für meinen Lebensweg, auf dem
ich unterwegs bin. Wenn ich den in Frieden gehen kann, dann hat das für mich
etwas mit dem Glauben zu tun. Mit Gottvertrauen. Dann geht es um mehr als um
inneres Gleichgewicht oder persönliche Ausgeglichenheit. Es ist ein Friede, der
mir geschenkt wird, der von Gott zu mir kommt. Der mich begleitet, mich umhüllt
und mich durchdringt. Mir Zuversicht gibt und mir hilft, auch mit
Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen umzugehen.
Musik
2: Choral, Strophe 1
Titel: Im Frieden dein, o Herre mein; Text: Friedrich Spitta
1898 nach einem Lied zum Lobgesang des Simeon (Lukas 2,29-32) von Johann
Englisch vor 1530; Melodie: Wolfgang
Dachstein vor 1530; Interpret: Bachchor Gütersloh; Leitung: Sigmund Bothmann;
Label: Eigenproduktion (WDR-Archiv: 6999814742101).
Im Frieden dein, o Herre
mein, lass ziehn mich meine Straßen.
Wie mir dein Mund gegeben kund, schenkst Gnad du ohne Maßen,
hast mein Gesicht das sel’ge Licht des Heilands schauen lassen.
Autor: In
dieser ersten Strophe spielt der Choral „Im Frieden dein…“ auf Simeon an. Von
ihm wird im Lukasevangelium erzählt – direkt nach der Weihnachtsgeschichte. Sobald
da alles über die Geburt von Jesus geschildert ist, taucht Simeon auf. Er ist
ein alter Mann. Lange hat er auf diesen Moment gewartet. Sein ganzes Leben über
hat er gehofft, dass der Messias kommt. Der Christus, der die Menschen befreien
wird, der den Frieden bringt und das Heil für alle. Nun hat Simeon vom Heiligen
Geist einen Tipp bekommen. Er soll heute in den Tempel von Jerusalem gehen –
was er natürlich auch macht. Und dort begegnet er tatsächlich Josef und Maria,
die gerade mit dem kleinen Jesus den Tempel betreten haben.
In diesem Moment ist für
Simeon alles klar. Er weiß sofort, wen er vor sich hat. Also nimmt er den
kleinen Jesus auf den Arm und dann gibt es kein Halten mehr. Seine Dankbarkeit
gegenüber Gott ist so groß, dass sie geradezu aus ihm heraussprudelt:
Sprecher: „Herr,
nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast;
denn meine Augen haben
deinen Heiland gesehen, das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern“
(Lukas 2, 29 – 31).
Autor: An
diese Geschichte erinnert uns das Lied „Im Frieden dein“. Damit stoßen wir mitten
im Sommer auf die Weihnachtsbotschaft – was durchaus seine Berechtigung hat.
Schließlich ist Jesus geboren worden, damit alle Menschen mitkriegen: „Gott ist
für dich da! Er will dich auf deinem Lebensweg begleiten, dir Frieden geben und
dich trösten, wenn es nötig ist.“ Allerdings gilt diese Botschaft nicht nur für
ein paar Tage im Dezember sondern immer. Eigentlich brauchen wir ganz
regelmäßig eine Erinnerung daran.
Um das zu vermitteln, macht
der Liedtext in der 2. Strophe einen Schlenker – weg von der
Weihnachtsbotschaft, hin zum Abendmahl. Denn jede Abendmahlsfeier beinhaltet
eine Einladung von Gott, die für alle Menschen gilt. Sie besagt: Du bist mir
willkommen wie ein gern gesehener Gast – egal, ob du reich bist oder arm oder
sonst was.
Genau dieses Willkommen-Sein
erlebe ich jedes Mal, wenn wir in unserer Kirche das Abendmahl feiern. Wenn
alle um den Altar herumstehen: Ganz unterschiedliche Leute, ältere, jüngere,
jeder mit seiner eigenen Lebensgeschichte. Darunter viele, denen es gut geht,
aber von einigen weiß ich, dass sie ganz schön was mit sich herumschleppen. Und
alle sind sie willkommen, jeder von ihnen darf dabei sein. Für jeden gilt die
Botschaft: Hier, bei Gott, bekommst du deinen Lebenshunger gestillt. Deine
Suche nach Sinn und Erfüllung, deinen Wunsch nach Angenommen-Sein, so, wie du
bist.
Musik 1: Choral, Strophe 2
Sprecherin (overvoice):
Mir armem Gast bereitet hast
das reiche Mahl der Gnaden.
Das Lebensbrot stillt Hungers Not, heilt meiner Seele Schaden.
Ob solchem Gut jauchzt Sinn und Mut mit alln, die du geladen.
Autor: Die
alte Frau, die vor mir in ihrem Pflegebett liegt, wird nicht mehr lange leben.
Sie hat mich hergebeten, um mit ihr das Abendmahl zu feiern. Hier, in ihrem
Haus, in dem sie nun schon so lange lebt. Sie hat mir ein paar Mal davon
erzählt: Es war ein Leben mit viel Arbeit, auch mit einiger Not. Ein Leben, das
sie nicht unbeschadet überstanden hat.
Aber jetzt tut es ihr gut,
noch einmal Abendmahl zu feiern. Es hilft ihr, damit sie ihren letzten Weg in
Frieden gehen kann. Für diesen letzten Weg noch einmal zu hören, dass sie bei
Gott willkommen ist, bedeutet für sie eine große Verheißung. Genau wie die
Aussicht, dass ihr alles, was in ihrem Leben schief gegangen ist, bei Gott
abgenommen wird wie ein schwerer Mantel am Ende einer langen Reise.
Musik 3: Orgel
Titel: Im Frieden dein, o Herre mein; Album: “Deo gratias – Werke von Günter Berger”; Interpret: Michael Voigt; Melodie: Günter Berger, Ernst Arfken,
unter Verwendung einer Melodie von Wolfgang Dachstein (vor 1530); Label: BLUE.Calvin.CLASSICS
bcc; Labelcode: 02371.
Autor (overvoice): Diese Sehnsucht nach Ankommen und Heilung ist erst nachträglich in das
Lied „Im Frieden dein“ eingegangen. Ursprünglich gab es nur die beiden
Strophen, die heute als 1. und 3. im Evangelischen Gesangbuch abgedruckt sind.
Sie stammen von dem Reformator Johannes Anglicus und wurden 1530
veröffentlicht. In ihnen spannt der Verfasser einen Bogen vom Lobgesang des
Simeon hin zu unserer Verbundenheit als Christen untereinander. Da diese
Verbundenheit besonders im Abendmahl zum Ausdruck kommt, wurde das Lied bevorzugt
an der entsprechenden Stelle des Gottesdienstes gesungen. Diesen Bezug zum
Abendmahl hat der Theologe Friedrich Spitta dann später noch einmal verstärkt.
Er bearbeitete 1898 den ursprünglichen Text erheblich und fügte außerdem eine
eigene Strophe zwischen die beiden überlieferten ein.
Musik
3: Orgel
Sprecherin (overvoice):
Mir armem Gast bereitet hast
das reiche Mahl der Gnaden.
Das Lebensbrot stillt Hungers Not, heilt meiner Seele Schaden.
Ob solchem Gut jauchzt Sinn und Mut mit alln, die du geladen.
Autor (overvoice): Der Text der 2. Strophe ist in der ersten Person geschrieben. Dadurch
ist jeder, der diese Strophe singt, persönlich beteiligt. Wer immer sich auf
diesen Text einlässt, begibt sich mit hinein zum Mahl der Gnaden. Und erlebt dort: Hier sind ganz viele, denen
es genauso geht wie mir! Die auch darauf angewiesen sind, dass Gott sie annimmt
und heilt oder tröstet oder was auch immer jeder braucht. Fast schon
automatisch ergibt sich aus dieser Erkenntnis ein gemeinsamer Lobgesang:
Musik
4: Choral, Strophe 3
Titel: Im Frieden dein, o Herre mein; Album:
“Kirchenmusik” Interpreten: Ötztalchor,
Fischbachchor, Kirchenchor Oetz, Ötztaler Viergesang & Ötztaler Bläserkreis;
Text: Friedrich Spitta 1898 nach einem Lied zum Lobgesang des Simeon
(Lukas 2,29-32) von Johann Englisch vor 1530; Melodie:
Wolfgang Dachstein vor 1530; Labelcode:
unbekannt; Label: ASR Aktiv Sound Records.
Sprecherin (overvoice):
O Herr, verleih, dass Lieb
und Treu in dir uns all verbinden,
dass Hand und Mund zu jeder Stund dein Freundlichkeit verkünden,
bis nach der Zeit den Platz bereit’ an deinem Tisch wir finden.
Autor: Alle
Menschen, die zum Abendmahl zusammenkommen, sind durch Gottes Liebe miteinander
verbunden. Diese Botschaft hat allerdings nicht bloß einen Wohlfühlfaktor, sie entfaltet
auch eine Wirkung, sie beinhaltet einen Auftrag: Die Freundlichkeit, die wir
von Gott empfangen haben, sollen wir mit Worten und Taten weitergeben. Damit
sie sich immer mehr unter den Menschen verbreitet und es ihnen dadurch leichter
fällt, ihren Weg zu gehen. Im Frieden und im Vertrauen darauf, dass die Liebe
Gottes auch für sie gilt. Bis schlussendlich alle Menschen zu Gott finden – wo
ein Platz bereit ist für jeden und jede von uns.
Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth