Guten Morgen.
Kennen Sie Hiskia? Nein? Dann müssen
Sie ihn kennenlernen. Hiskia war um 700 vor Christus König in Jerusalem. Vor
den Toren der Stadt hatte der assyrische Herrscher Sanherib sein Heer gesammelt
und plante die Erstürmung der Stadt. Alle Nachbarstaaten hatten sich ihm
bereits unterworfen. Da wird Hiskia ein Brief durch den Gesandten des
assyrischen Herrschers überreicht. Er enthält ein Ultimatum: „Du hast jetzt die
Wahl: Entweder Vertrag oder Tod, nachgeben oder sterben!“
Über zwanzig Jahre hat Hiskia sein
kleines Land Juda vor der Eroberung durch die Supermacht Assyrien schützen
können. Israel, den Bruderstaat im Norden, gab es längst nicht mehr. Die
Assyrer setzten alles daran, ihre Macht auszuweiten und zu stärken. Hiskia hat
es gewagt, sich von den Assyrern loszusagen. Doch das haben diese nicht
vergessen. Nun sind sie in Juda eingefallen und belagern Jerusalem.
Hiskia muss sich entscheiden:
Unterwerfung oder Zerstörung. Und er trifft eine Entscheidung.
Es ist eine einsame Entscheidung. Auf
ihm alleine lastet die Verantwortung. Es bleibt nicht viel Zeit. Das Ende des
Staates Juda ist unausweichlich. Hiskia, ein frommer König, ist sich seiner
Verantwortung für sein Volk vor Gott bewusst. Seine Politik, hat dem Land
bisher einen brüchigen Frieden bewahrt, aber gegen die Rachsucht von Sanherib,
dem assyrischen Herrscher, gibt es wohl keine Chance mehr.
Im Grunde genommen hat es nie einen
richtigen Frieden gegeben. Zu guten vertrauensbildenden Maßnahmen ist es nie
gekommen. Ein Verständnis füreinander, eine tragfähige Versöhnung mit dem
übermächtigen Feind hat es in den relativ ruhigen Jahren, als der heiße Krieg
kalt geworden war, nie gegeben. Wir wissen nichts über diplomatische Bemühungen
in der damaligen Zeit und wann sie abgesagt wurden.
Nach dem Ultimatum Sanheribs bleibt
Hiskia nur noch ein Weg offen. In nüchternen Worten berichtet die Bibel:
"Als Hiskia den Brief von den Boten empfangen und gelesen hatte, ging er
hinauf zum Haus Gottes, des Herrn und breitete ihn aus vor dem Herrn." (2.
Könige 19,14, Die Bibel, Luther 2017)
Hiskia betet im Tempel. Manch einer mag
das für eine Kapitulation des menschlichen Geistes halten, das Eingeständnis,
dass der Verstand, die Ratio, gegen brutale Gewalt nichts ausrichtet. Doch das
Gebet ist nicht das Ende der Vernunft; es ist die ultima ratio in der
Verantwortung für das Wohlergehen der Menschen.
Das Gebet mag das Eingeständnis sein,
dass ich mit meinem Latein am Ende bin, – der Volksmund sagt dann: Irgendwann
hilft nur noch beten! – aber zugleich ist es das Zutrauen, dass Gott Wege aus
der Gefahr und der Angst weiß. So wird das Herz getrost und der Blick frei für die
Gelegenheiten Gottes. Und das geschieht. Völlig überraschend kommt die Wende:
Sanherib muss die Belagerung abbrechen. Man weiß bis heute nicht genau, warum.
Aber eine 80 Jahre dauernde Friedensperiode nahm hier ihren Anfang.
Solche Zeiten sind von Gott geschenkte
Bewährungsfristen, die es zu nutzen gilt. Zeiten, in denen Entspannung und
Frieden eingeübt und Versöhnung gelebt werden sollten. Gott eröffne uns hier
und heute in der Welt, die sich am Rande eines großen Krieges und
wirtschaftlicher und sozialer Not bewegt, wieder Ruhe und Frieden. Das Gebet
dafür lohnt sich immer.
(Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und WDR 5: )
Solchen Frieden wünscht Ihnen Rüdiger
Schnurr aus Siegen
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
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