Schabbat

Kirche in WDR3 | 27.08.2021 | 00:00 Uhr

Autorin: „Boker tov“ – das ist Hebräisch und heißt: Guten Morgen.

Meine Mutter macht mich

wahnsinnig. Immer wenn meine Schwester und ich ihr eine Freude machen wollen,

zum Beispiel mit einem schönen Parfüm oder ihren Lieblingspralinen, dann sagt

sie: „Das halte ich mir für gut, Kinder.“

Meine Schwester und ich finden, sie könnte auch einfach gleich mal

testen, ob ihr der Duft steht und den Karton Pralinen mitten im Hausflur öffnen

und in zwei oder drei reinbeißen. Aber nein: „Das halte ich mir für gut,

Kinder.“

Daran musste ich

denken, als ich mit Matvey Kreymerman – Familienbeauftragter der jüdischen

Synagogengemeinde Düsseldorf – über Schabbat gesprochen habe, also über den

Beginn des Wochenendes. Und der sagte sowas ähnliches wie meine Mutter:

O-Ton:

„…

wenn ich jetzt beispielsweise in den Supermarkt gehe und dann sag ich ach, da

ist irgendwie eine ganz neue tolle Frucht, die Saison hat dafür

angefangen, ich habe jetzt super Lust darauf; das erste, was man sich dann

denkt oder denken sollte, als religiöser Jude wäre: Okay, ich kaufe das jetzt

für Schabbat. Ich will, dass es was Besonderes bleibt und ich

heb‘ das für einen besonderen Tag auf.“

Autorin: Matvey Kreymerman

gönnt sich und seiner Familien also am Schabbat, dem jüdischen Ruhetag, gerne

etwas Besonderes, hebt Sachen für gut auf.

Die ersten Erdbeeren im Jahr zum Beispiel. Die

würde Matvey Kreymerman am Schabbat essen. Meine Mutter übrigens auch. Sie

würde bis Sonntag warten, bis zum christlichen Ruhetag. Sie würde Pudding dazu

kochen oder eine Erdbeertorte machen, uns einladen und sich über das schöne Rot

der Beeren freuen. Meine Schwester und ich, wir würden ja die Erdbeeren direkt

auf dem Feld oder vor dem Laden aufessen.

Ein schöner Gedanke. Schabbat. Ein besonderer

Tag. Der höchste Feiertag im Judentum. 52 mal im Jahr. Wie unser Sonntag, der hier seine Wurzeln hat. Ein

Tag, um die Seele baumeln zu lassen. Klingt irgendwie gut! Und damit das auch

gelingt, gibt’s ein paar Regeln, erzählt Matvey Kreymerman:

O-Ton: „Ich

erinnere mich, als wir angefangen haben, Schabbat zu halten, war das enormst

schwierig. Gar nicht dieses aufs Handy verzichten oder jetzt kein Fußballspiel

gucken, sondern einfach mit deinen Gedanken alleine zu

sein.“

Autorin: Mit den Gedanken allein sein. Klar. Am

Schabbat wird nicht gearbeitet. Er dauert von Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkelheit am folgenden Samstag – so ist es Tradition. Das

Essen wird vorgekocht. Der Fernseher bleibt aus. Bücher und Gespräche sind eine

gute Beschäftigung für den Schabbat. Oder einfach mal darüber nachdenken, wo

mein Platz in der Welt ist.

Matvey

Kreymerman sagt:

O-Ton: „Das war

etwas, was ich mein Leben nicht kannte; mit seinen Gedanken allein zu sein

–das war wirklich was enormst Schwieriges und das ist etwas, was man halt dabei

lernt oder lernen sollte und ich finde, das verändert einen auch ein Stück

weit. Und dann freut man sich auch irgendwann auf den Schabbat und auf die

Tatsache, dass man auf Technik verzichtet zum Beispiel.“

Autorin: Schabbat ist

runterfahren und mal abschalten. Dass das richtig schwierig ist, das weiß ich.

Weil’s für mich immer was zu tun

gibt. Einen Rat kann ich in dieser Sache von meiner Mutter kriegen: Halt dir

Sachen für gut. Gönn dir besondere Tage – Auszeiten, das braucht deine Seele

und das braucht dein Hirn. Und außerdem: Das kommt von Gott. Den Schabbat – den

Ruhetag – den hat er sich immerhin ausgedacht.

Dass Sie gut auf sich achten, das wünscht

Ihnen Ihre Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel aus Odenthal.

Redaktion: Landespfarrerin

Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/56075_WDR3520210827Riedel.mp3

  • 27.8.2021
  • Julia-Rebecca Riedel
  • Foto: Image by svetlanabar from Pixabay
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