Guten Morgen.
Mit meiner
Familie lebe ich in Alpen. Nicht in den Bergen, sondern Alpen am Niederrhein.
Unser höchster Berg misst 58 Meter und heißt tatsächlich Schmulsberg! In Alpen haben wir uns
gemeinsam an einen Tisch gesetzt, und wir haben uns gefragt: Wie wäre das, wenn
wir alle im Dorf zusammenbringen, die Musik machen und singen?
Um neue
Lieder und uns gegenseitig kennenzulernen, haben wir zu einem Workshop in die
Schule im Dorf eingeladen. Über drei Tage singen und tanzen, proben mit Band,
Cajons und der Blaskappelle… 253 Menschen von acht bis 84 aus unserem Dorf und
der Umgebung sind dabei. Viele haben ihre Wurzeln in anderen Ländern, aus denen
sie vor Leid und Krieg geflohen sind. Um Worte und Melodien zu finden, die alle
aus vollem Herzen singen können, haben wir neue Lieder „ZuFlucht, ZuFrieden,
ZuHause“ komponiert.
Und es
passiert etwas Einmaliges. Wir sehen uns. Nicht als Gruppen – die Jugend von
heute und die Alten von gestern, nicht die Geflüchteten und die Deutschen – wir
sehen uns als Einmalige. Als Lachende und Weinende, Schüchterne und
Ausgelassene, als Bedürftige und Beschenkende, als Thomas und Anna, Alberi und
Inga, als Judy und Hermann. Als Menschen. Geliebt und wertvoll. Gottesgeschenke
füreinander. So haben wir das erlebt.
Das erste
gemeinsame Essen beim Workshop bereiten Geflüchtete vor. Sie wollen uns etwas
schenken und zaubern ein zehn Meter Weltbüffet wie es der Dorftisch noch nicht
gesehen hat. Köstlichkeiten aus Somalia und Afghanistan, aus Syrien, Indien und
dem Iran. Unbezahlbar. Und eine Erinnerung. Mensch sein, heißt auch
Möglichkeiten zu bekommen zu geben, sich zu verschenken. Sei’s mit Falafel,
Liebe oder einem Lied.
Aus dem
Workshop wird dann am Ende ein Konzert und viele sind gekommen. In der größten
Halle des Dorfes, bei einem Landmaschinenhersteller, geben wir die neue Musik
zum Besten. Wir feiern, tanzen, lachen – und weinen mit, als die damals
13-jährige Sidra aus Syrien singt – von der neuen Heimat, aber auch von der
verlorenen.
Wir kommen
damit dem ganz nah, was Gott sich von uns wünscht: „Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht
bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du
sollst ihn lieben wie dich selbst.“, heißt es in der Bibel. (Die Bibel, Luther
2017, 3. Mose 19,33f)
Wir fühlen uns alle manchmal fremd in diesem Leben. Und ich bete darum,
dass wir Menschen finden, die uns vertraut werden. Die ein Stück Heimat und
Himmel sind in dieser verrückten Welt. Die Gottes Liebe greifbar machen.
Das Wunderbare. Wir haben es kürzlich wieder gewagt. Mit neuen Liedern,
neuen Musizierenden, neuem Mut. Und jetzt im Sommer werden wir singen und laden
ein, dass Frieden lebendig wird unter uns.
Open Air auf dass der Himmel sich öffnet. Und wir uns daran erinnern
offen zu bleiben füreinander in Zeiten, die uns oft trennen. Bleibe offen mein
Herz. Für den Menschen in meiner Nachbarschaft und für Gott, der häufig näher
ist als ich zu glauben wage.
Einen Tag voller Himmel im Herzen wünscht
Ihnen Patrick Depuhl aus Alpen.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/58818_WDR3520220729Depuhl.mp3