Le Chaim

Kirche in WDR3 | 25.08.2021 | 00:00 Uhr

Autorin: „Boker tov“ – das ist Hebräisch und heißt: Guten Morgen.

Trinksprüche. Da

kennen Sie bestimmt auch den ein oder anderen. Aber hat Ihnen schon mal jemand

„Le Chaim“ gewünscht?

„Le Chaim“, das

heißt auf Hebräisch „Auf das Leben!“ Und ist ein Segenswunsch. „Le Chaim“ kann

man sagen, wenn man mit einem Glas Wein anstößt. Beim Abendessen. Aber

eigentlich sagt man das, wenn man am Freitagabend nach dem Gottesdienst in der

Synagoge zusammensitzt und Brot mit Salz isst und Wein trinkt. Da hat der

Spruch seine religiösen Wurzeln.

Matvey Kreymerman

aus der jüdischen Gemeinde Düsseldorf erklärt:

O-Ton: „Wein hat im Judentum einen sehr hohen Stellenwert. Es ist

nicht so, wie wir das aus der Gesellschaft kennen: Man setzt sich abends hin

zum Abendessen und trinkt ein Glas Weißwein oder Rotwein, was auch immer. Diese Kultur gibt es eigentlich gar nicht

traditionell, sondern Wein hat eine reine rituelle Bedeutung. Also das heißt, wenn

man zum Beispiel den Schabbat empfängt oder einen Feiertag begeht, also das

erste, was man macht ist, man sagt einen Segensspruch über den Wein und damit läutet man

sozusagen den Feiertag ein.“

Autorin:

Wein ist also in der jüdischen Gemeinde eigentlich nichts für

jeden Tag. Wein ist etwas Besonderes. Für das Kiddusch-Essen, das traditionell

nach dem Gottesdienst am Freitagabend stattfindet. Und es kann auch nicht

irgendein Wein sein.

Das

mit dem Wein ist …

O-Ton:

„…

wirklich so ne komplizierte Sache.“

Autorin:

Matvey Kreymerman erklärt mir, dass es einen Unterschied gibt

zwischen gekochten und ungekochten Weinen.

O-Ton: „…

Um es ganz einfach auszudrücken: der Wein wird

einfach unkoscher dadurch, wenn er ungekocht ist oder ein Nicht-Jude ihn

anfasst. Und bei gekochtem Wein haben wir diese Problematik eben nicht und

daher kommt das.“

Autorin:

Der Unterschied zwischen gekochtem und ungekochtem Wein ist

rituell. Es geht darum, ob er koscher ist. Das bedeutet im jüdischen Glauben

geeignet oder zugelassen nach den jüdischen Speisevorschriften.

Etwas

später im Koscher Shop um die Ecke sagt mir die Verkäuferin, dass es noch einen

anderen Unterschied zwischen gekochten und nicht gekochten Weinen gibt: Die

gekochten Weine sind nicht lecker, sagt sie.

Ich probiere beide aus. Die Verkäuferin aus dem

Koscher Shop hat recht. Der gekochte Wein ist nicht so lecker. Von dem anderen

hätte ich gerne noch etwas mehr getrunken. Aber ich erinnere mich an die Bibel-Geschichte

von Noah:

Noah hat’s nach der großen Flut nicht so leicht im

Leben. Er trinkt viel Wein. Eines Abends trinkt er so viel, dass er betrunken

und nackt sichtbar für alle Nachbarn in seinem Zelt liegt. Seinen Kindern ist

das alles peinlich. Sie decken ihn zu.

Also: Maß halten,

soll mir das sagen. Schon damals hat man von der Gefahr des Alkohols gewusst.

Und das ist nicht die einzige Geschichte in der Bibel, die vor hohem

Alkoholkonsum warnt.

Gleichzeitig spielt der Wein im Judentum – ähnlich

wie im Christentum eine wichtige Rolle. Wein reift aus Traubensaft – der

Traubensaft verwandelt sich. So wie sich der Mensch wandeln und bessern kann. Und

es geht darum, zusammen zu sein, in Freude.(1) Beim Kiddusch zum

Beispiel.

Matvey Kreymerman von der jüdischen Gemeinde Düsseldorf

sagt: „Wein ist ein schönes Geschenk. Und Wein trinken, das sollte schon immer

mit einem Gedanken an Gott verbunden sein.“

Wein. Ein schönes

Geschenk. Zum Genießen in Maßen.

Ich will noch wissen: Wenn eine Jüdin oder ein Jude jetzt

den Segen „Le Chaim“ – Auf das Leben! – sagen will und keinen koscheren Wein

dafür findet, was dann?

Matvey Kreymerman lacht:

O-Ton: „Dann kauft man eben Whisky.“

In der Bibel im Buch Prediger steht: „trink

deinen Wein mit Freuden“. Oder deinen Traubensaft. Dass Sie das tun können,

vielleicht in fröhlicher Runde sitzen, sich gegenseitig „Le Chaim!“ – Auf das

Leben! – wünschen, dass wünscht Ihnen Ihre Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel aus

Odenthal.

Quelle: https://www.domradio.de/themen/judentum/2021-06-23/zwischen-sanktionierung-und-heiligung-die-bedeutung-von-alkohol-judentum-und-christentum (letzter Abruf

12.08.2021)

Redaktion: Landespfarrerin

Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/56067_WDR3520210825Riedel.mp3

  • 25.8.2021
  • Julia-Rebecca Riedel
  • Foto: Image by Free-Photos from Pixabay
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