Autorin: „Boker tov“ – das ist Hebräisch und heißt: Guten Morgen.
Trinksprüche. Da
kennen Sie bestimmt auch den ein oder anderen. Aber hat Ihnen schon mal jemand
„Le Chaim“ gewünscht?
„Le Chaim“, das
heißt auf Hebräisch „Auf das Leben!“ Und ist ein Segenswunsch. „Le Chaim“ kann
man sagen, wenn man mit einem Glas Wein anstößt. Beim Abendessen. Aber
eigentlich sagt man das, wenn man am Freitagabend nach dem Gottesdienst in der
Synagoge zusammensitzt und Brot mit Salz isst und Wein trinkt. Da hat der
Spruch seine religiösen Wurzeln.
Matvey Kreymerman
aus der jüdischen Gemeinde Düsseldorf erklärt:
O-Ton: „Wein hat im Judentum einen sehr hohen Stellenwert. Es ist
nicht so, wie wir das aus der Gesellschaft kennen: Man setzt sich abends hin
zum Abendessen und trinkt ein Glas Weißwein oder Rotwein, was auch immer. Diese Kultur gibt es eigentlich gar nicht
traditionell, sondern Wein hat eine reine rituelle Bedeutung. Also das heißt, wenn
man zum Beispiel den Schabbat empfängt oder einen Feiertag begeht, also das
erste, was man macht ist, man sagt einen Segensspruch über den Wein und damit läutet man
sozusagen den Feiertag ein.“
Autorin:
Wein ist also in der jüdischen Gemeinde eigentlich nichts für
jeden Tag. Wein ist etwas Besonderes. Für das Kiddusch-Essen, das traditionell
nach dem Gottesdienst am Freitagabend stattfindet. Und es kann auch nicht
irgendein Wein sein.
Das
mit dem Wein ist …
O-Ton:
„…
wirklich so ne komplizierte Sache.“
Autorin:
Matvey Kreymerman erklärt mir, dass es einen Unterschied gibt
zwischen gekochten und ungekochten Weinen.
O-Ton: „…
Um es ganz einfach auszudrücken: der Wein wird
einfach unkoscher dadurch, wenn er ungekocht ist oder ein Nicht-Jude ihn
anfasst. Und bei gekochtem Wein haben wir diese Problematik eben nicht und
daher kommt das.“
Autorin:
Der Unterschied zwischen gekochtem und ungekochtem Wein ist
rituell. Es geht darum, ob er koscher ist. Das bedeutet im jüdischen Glauben
geeignet oder zugelassen nach den jüdischen Speisevorschriften.
Etwas
später im Koscher Shop um die Ecke sagt mir die Verkäuferin, dass es noch einen
anderen Unterschied zwischen gekochten und nicht gekochten Weinen gibt: Die
gekochten Weine sind nicht lecker, sagt sie.
Ich probiere beide aus. Die Verkäuferin aus dem
Koscher Shop hat recht. Der gekochte Wein ist nicht so lecker. Von dem anderen
hätte ich gerne noch etwas mehr getrunken. Aber ich erinnere mich an die Bibel-Geschichte
von Noah:
Noah hat’s nach der großen Flut nicht so leicht im
Leben. Er trinkt viel Wein. Eines Abends trinkt er so viel, dass er betrunken
und nackt sichtbar für alle Nachbarn in seinem Zelt liegt. Seinen Kindern ist
das alles peinlich. Sie decken ihn zu.
Also: Maß halten,
soll mir das sagen. Schon damals hat man von der Gefahr des Alkohols gewusst.
Und das ist nicht die einzige Geschichte in der Bibel, die vor hohem
Alkoholkonsum warnt.
Gleichzeitig spielt der Wein im Judentum – ähnlich
wie im Christentum eine wichtige Rolle. Wein reift aus Traubensaft – der
Traubensaft verwandelt sich. So wie sich der Mensch wandeln und bessern kann. Und
es geht darum, zusammen zu sein, in Freude.(1) Beim Kiddusch zum
Beispiel.
Matvey Kreymerman von der jüdischen Gemeinde Düsseldorf
sagt: „Wein ist ein schönes Geschenk. Und Wein trinken, das sollte schon immer
mit einem Gedanken an Gott verbunden sein.“
Wein. Ein schönes
Geschenk. Zum Genießen in Maßen.
Ich will noch wissen: Wenn eine Jüdin oder ein Jude jetzt
den Segen „Le Chaim“ – Auf das Leben! – sagen will und keinen koscheren Wein
dafür findet, was dann?
Matvey Kreymerman lacht:
O-Ton: „Dann kauft man eben Whisky.“
In der Bibel im Buch Prediger steht: „trink
deinen Wein mit Freuden“. Oder deinen Traubensaft. Dass Sie das tun können,
vielleicht in fröhlicher Runde sitzen, sich gegenseitig „Le Chaim!“ – Auf das
Leben! – wünschen, dass wünscht Ihnen Ihre Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel aus
Odenthal.
Quelle: https://www.domradio.de/themen/judentum/2021-06-23/zwischen-sanktionierung-und-heiligung-die-bedeutung-von-alkohol-judentum-und-christentum (letzter Abruf
12.08.2021)
Redaktion: Landespfarrerin
Petra Schulze
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