Autorin: „Boker tov“ – das ist Hebräisch und heißt: Guten Morgen.
Meine Mutter macht mich
wahnsinnig. Immer wenn meine Schwester und ich ihr eine Freude machen wollen,
zum Beispiel mit einem schönen Parfüm oder ihren Lieblingspralinen, dann sagt
sie: „Das halte ich mir für gut, Kinder.“
Meine Schwester und ich finden, sie könnte auch einfach gleich mal
testen, ob ihr der Duft steht und den Karton Pralinen mitten im Hausflur öffnen
und in zwei oder drei reinbeißen. Aber nein: „Das halte ich mir für gut,
Kinder.“
Daran musste ich
denken, als ich mit Matvey Kreymerman – Familienbeauftragter der jüdischen
Synagogengemeinde Düsseldorf – über Schabbat gesprochen habe, also über den
Beginn des Wochenendes. Und der sagte sowas ähnliches wie meine Mutter:
O-Ton:
„…
wenn ich jetzt beispielsweise in den Supermarkt gehe und dann sag ich ach, da
ist irgendwie eine ganz neue tolle Frucht, die Saison hat dafür
angefangen, ich habe jetzt super Lust darauf; das erste, was man sich dann
denkt oder denken sollte, als religiöser Jude wäre: Okay, ich kaufe das jetzt
für Schabbat. Ich will, dass es was Besonderes bleibt und ich
heb‘ das für einen besonderen Tag auf.“
Autorin: Matvey Kreymerman
gönnt sich und seiner Familien also am Schabbat, dem jüdischen Ruhetag, gerne
etwas Besonderes, hebt Sachen für gut auf.
Die ersten Erdbeeren im Jahr zum Beispiel. Die
würde Matvey Kreymerman am Schabbat essen. Meine Mutter übrigens auch. Sie
würde bis Sonntag warten, bis zum christlichen Ruhetag. Sie würde Pudding dazu
kochen oder eine Erdbeertorte machen, uns einladen und sich über das schöne Rot
der Beeren freuen. Meine Schwester und ich, wir würden ja die Erdbeeren direkt
auf dem Feld oder vor dem Laden aufessen.
Ein schöner Gedanke. Schabbat. Ein besonderer
Tag. Der höchste Feiertag im Judentum. 52 mal im Jahr. Wie unser Sonntag, der hier seine Wurzeln hat. Ein
Tag, um die Seele baumeln zu lassen. Klingt irgendwie gut! Und damit das auch
gelingt, gibt’s ein paar Regeln, erzählt Matvey Kreymerman:
O-Ton: „Ich
erinnere mich, als wir angefangen haben, Schabbat zu halten, war das enormst
schwierig. Gar nicht dieses aufs Handy verzichten oder jetzt kein Fußballspiel
gucken, sondern einfach mit deinen Gedanken alleine zu
sein.“
Autorin: Mit den Gedanken allein sein. Klar. Am
Schabbat wird nicht gearbeitet. Er dauert von Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkelheit am folgenden Samstag – so ist es Tradition. Das
Essen wird vorgekocht. Der Fernseher bleibt aus. Bücher und Gespräche sind eine
gute Beschäftigung für den Schabbat. Oder einfach mal darüber nachdenken, wo
mein Platz in der Welt ist.
Matvey
Kreymerman sagt:
O-Ton: „Das war
etwas, was ich mein Leben nicht kannte; mit seinen Gedanken allein zu sein
–das war wirklich was enormst Schwieriges und das ist etwas, was man halt dabei
lernt oder lernen sollte und ich finde, das verändert einen auch ein Stück
weit. Und dann freut man sich auch irgendwann auf den Schabbat und auf die
Tatsache, dass man auf Technik verzichtet zum Beispiel.“
Autorin: Schabbat ist
runterfahren und mal abschalten. Dass das richtig schwierig ist, das weiß ich.
Weil’s für mich immer was zu tun
gibt. Einen Rat kann ich in dieser Sache von meiner Mutter kriegen: Halt dir
Sachen für gut. Gönn dir besondere Tage – Auszeiten, das braucht deine Seele
und das braucht dein Hirn. Und außerdem: Das kommt von Gott. Den Schabbat – den
Ruhetag – den hat er sich immerhin ausgedacht.
Dass Sie gut auf sich achten, das wünscht
Ihnen Ihre Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel aus Odenthal.
Redaktion: Landespfarrerin
Petra Schulze
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