Bracha-Dank und Segen

Kirche in WDR3 | 26.08.2021 | 00:00 Uhr

Autorin: „Boker tov“ – das ist Hebräsch und heißt: Guten Morgen.

Erinnern Sie sich noch an ein Tischgebet aus

Ihrer Kindheit oder beten Sie heute vielleicht noch vor dem Essen? Bei meiner

Frau zu Hause wurde immer gesungen: „Jedes Tierlein hat sein Essen, jedes

Blümlein trinkt von dir. Hast auch unser nicht vergessen. Lieber Gott, wir

danken dir.“ Es gibt natürlich noch viel mehr Tischgebete. Bei mir zu Hause gab

es einen Gebetswürfel. Sechs Seiten – sechs Kindergebete. „Lieber Gott, segne

flott.“, das gefiel mir immer besonders gut.

Was beten eigentlich unsere jüdischen

Geschwister? Matvey Kreymerman – Familienbeauftragter der jüdischen

Synagogengemeinde Düsseldorf – erzählt mir, dass es auch im Judentum ein paar

mehr Tischgebete gibt, als auf einen Gebetswürfel passen:

O-Ton: „Für alles im Prinzip gibt es einen Segenspruch. Also im Judentum es

nicht nur Segensprüche

auf Essen, sondern zum Beispiel, wenn wir den Donner hören oder den Blitz oder

sowas. Das sind einfach Momente, wo wir Gott als Schöpfer anerkennen und

wahrnehmen.“

Autorin: Gott als

Schöpfer wahrnehmen und danke sagen. Das klingt dann so: „Baruch ata adonai,

melech ha ohlam, …“ – „Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, …“

So beginnen alle jüdischen Segenssprüche. Egal ob vor dem Essen oder eben

wenn’s draußen blitzt, donnert oder regnet.

Und

was steckt dahinter? Matvey Kreymerman erklärt:

O-Ton: „Und das

Ziel ist es eben, Dinge – nicht nur Essen – generell Dinge im Leben nicht

selbstverständlich zu nehmen, sondern da steckt was dahinter. Und jedes Mal,

wenn wir einen Segensspruch sagen, erinnern wir uns daran und bringen das in

unsere Erinnerung und in unser Bewusstsein. Und beim Essen ist es zum Beispiel

so, dass, je nachdem was für ein Essen das ist, also auf dem Baum gewachsen

ist, kommt es aus der Erde – Kartoffeln, zum Beispiel, Möhren – gibt es

verschiedene Segensprüche.“

Autorin: Kartoffeln

und Möhren, die kommen aus der Erde. Da sagt man dann: „Gelobt seist du,

Ewiger, unser Gott, König der Welt, Schöpfer der Erdfrucht.“ Bevor man in einen

Apfel beißt, sagt man: „Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt,

Schöpfer der Baumfrucht.“

Matvey

Kreymerman von der jüdischen Synagogengemeinde Düsseldorf erklärt:

O-Ton:

„Im Prinzip sagen alle dasselbe aus: dass Gott halt derjenige ist, der diese

Sache erschaffen hat beziehungsweise der die Möglichkeit dazu erschaffen hat,

dass sowas zum Beispiel wachsen kann.“

Autorin: Ich finde das

spannend. Das bedeutet, so hoffe ich, dass ich mit einem kleinen Gebet, das

ganze Leben viel bewusster wahrnehmen könnte. Mitten im Alltag innehalten und

Gott danken, dass die Sonne scheint oder dass ich in einen Apfel beißen kann,

dass kommt mir gut vor. Und dann erinnere ich mich, dass eine Freundin aus dem

Studium immer wenn’s 12 Uhr schlug, leise betete. Manchmal hörte sie mitten im

Satz auf zu sprechen und betete. Das fanden die meisten von uns etwas ulkig.

Aber jetzt versteh‘ ich’s: Gott wahrnehmen und dankbar sein, für seine

Schöpfung und mein Leben; das steckt dahinter.

Wie

wunderbar!

Dass Sie heute irgendwann einmal sagen: Gelobt

sei Gott, dass wünscht Ihnen Ihre Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel aus Odenthal.

Redaktion: Landespfarrerin

Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/56069_WDR3520210826Riedel.mp3

  • 26.8.2021
  • Julia-Rebecca Riedel
  • Foto: Image by Till Brömme from Pixabay
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