Sterbehilfe

Kirche in WDR2 | 12.08.2021 | 00:00 Uhr

Alt werden ist nichts für

Feiglinge. Sagt man so. Stimmt aber auch.

Es ist alles nicht mehr so

leicht wie früher. Mal eben schnell die Treppe rauf oder runter.

Der Weg zum Bäcker und zum Supermarkt war auch schon mal kürzer.

Mittlerweile bin ich beim Fernseher bei Lautstärkestufe 75, um überhaupt noch

was zu verstehen. Und Maskenpflicht und Brille zusammen – das geht ja gar

nicht. Im Supermarkt bin ich regelmäßig blind.

Manches geht – manches geht

nicht. Wünsche, Träume sind auch noch da.

Geht halt nicht alles auf einmal, aber wer weiß…vielleicht nächstes Jahr…

Was aber, wenn was passiert.

Und das kann in unserem Alter ja schnell gehen.

Schlaganfall, das Herz, oder vielleicht Demenz? Was dann?

Dann brauchen wir Hilfe, das geht dann nicht mehr mit Bordmitteln.

Natürlich – unsere Kinder

würden alles für uns tun. Das weiß ich. Aber sie können eben auch nicht alles

stemmen. Zeitlich nicht und finanziell auch nicht.

Wir wollen ihnen auf keinen Fall zu Last fallen, wollen keine Belastung sein.

Sie sollen doch ihr eigenes Leben genießen können.

Im Februar hat das

Verfassungsgericht entschieden, dass es auch in Deutschland eine Möglichkeit

geben muss, seinem Leben mit ärztlicher Hilfe ein Ende zu setzen. Freiwillig.

Selbstbestimmt. In Belgien, Holland, der Schweiz geht das schon länger.

Ich habe Angst. Ich habe

Angst davor, eines Tages zu denken, dass ich eigentlich gehen müsste. Weil ich

zu viel Arbeit mache, zu sehr Last bin, weil meine Pflege zu teuer ist und das

Erbe aufzehrt. Ich möchte nicht jeden Morgen mit der Frage aufwachen: Ist es

heute soweit?

Ich habe Angst davor, dass meine

Kinder sich meinen Tod wünschen.

Wie sollen sie denn mit diesem Gefühl weiterleben?

Niemand möchte für andere

eine Belastung sein. Aber die Solidarität, die Hilfe und Unterstützung zwischen

den Generationen gehört zum Menschsein dazu, seit Anbeginn der Schöpfung.

Wir sind geschaffen nach dem

Ebenbild Gottes. Und aufeinander angewiesen. Und in Gottes Hand liegt unser

Leben und Sterben. Hab ich im Konfirmandenunterricht gelernt.

Ich möchte nicht in eine

Situation kommen, dass wir, meine Kinder und ich, uns meinen Tod wünschen.

Keine Schmerzen, kein Leiden klar. Aber das kriegen die Palliativmediziner

inzwischen sehr gut hin.

Aber ich möchte wissen, dass mein Leben in Gottes Hand liegt. Das möchte ich

nicht an Ärzte delegieren.

Redaktion:

Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/55918_WDR220210812Koehler.mp3

  • 12.8.2021
  • Matthias Köhler
  • © CCO Pixabay
Downloads