Hans-Peter
habe ich im Krankenaus kennengelernt. Ein rundlicher, sympathischer Typ. Er hat
dieses verschmitzte Lächeln, seine Augen funkeln, wenn er erzählt. Hans-Peter ist
Ende vierzig und schwer krank. Die Diagnose erwischt ihn ein halbes Jahr nach
der Hochzeit. Ich besuche ihn zuhause. Das ist hart. Aber auch intensiv. Ich
kann es nur schwer in Worte fassen. Schon rein äußerlich ist alles anders.
In
den letzten Wochen hat er sehr abgenommen. Die Krankheit setzt sich durch. Aber
er hadert nicht mehr; ist keineswegs verzweifelt. So als habe er seinen Frieden
gemacht mit dem Weg, der jetzt vor ihm liegt. Die ganze Atmosphäre hat sich
verändert. Da hat sich etwas gelöst.
An
dem Nachmittag sprechen wir über die Liebe. Glaube ich jedenfalls. Naja,
eigentlich reden wir über die Trauerfeier. „Das wird mein Tag“, sagt Hans-Peter
und hat wieder dieses besondere, leicht verschmitzte Lächeln. Ein bisschen
Galgenhumor ist diesmal dabei. Du hoffst die ganze Zeit, dass sich etwas
verändert. Dass du irgendeine Zukunft hast. Einen Plan machen kannst, ein Ziel
hast. Aber wozu lebt man noch, wenn man schon weiß, was passieren wird? Hans-Peter
und Sibylle: Das letzte Ziel, was den beiden bleibt, ist die Trauerfeier. Und
die planen sie jetzt so intensiv wie vor Kurzem noch ihre Hochzeit. Das ist
wirklich unglaublich. „Wir brauchen jetzt sowas wie einen Deading-Planer“, sagt
Hans-Peter irgendwann und lacht sich schlapp. Ich habe schon einen Entwurf für
die Karte gesehen: „Weint Eure Tränen – feiert Euer Leben!“
Sibylle
ist wohl erst zurückhaltend gewesen, aber jetzt ist sie voll dabei. Die beiden
sind sich so nah. Einmal ist Hans-Peter eingeschlafen, einfach so. Da habe ich
eine Weile mit Sibylle gesprochen. Sie war ganz offen zu mir, von der ersten
Sekunde an. „Es ist die tiefste Erfahrung meines Lebens“, sagt sie. „Voller
Liebe und voller Schmerz. Manchmal muss ich mit Hans-Peter weinen, dann wieder
lauthals lachen, dann schweigen“. Wie gesagt: Ich glaube, wir haben über die
Liebe gesprochen.
Plötzlich
wird mir wieder klar, was ich an meiner Frau habe. Es wirkt so
selbstverständlich. Aber das ist es nicht. Es ist Liebe. Hans-Peter und Sibylle
erleben alles so konzentriert in wenigen Monaten, und bei uns sind es eben
schon viele Jahre. Aber am Ende ist es Liebe.
„Feiert euer Leben!“ Keine schlechte Idee
.
Redaktion: Pastorin
Sabine Steinwender-Schnitzius