Von oben

Kirche in WDR2 | 14.07.2022 | 00:00 Uhr

Ein bunter Punkt.

Von oben betrachtet.

Meine kleine

Geburtstagsfeier.

Ein bunter Punkt, umgeben von

anderen Farben.

Dächern, Gras, Baumwipfeln,

Strassen, sehr, sehr kleinen Punkten, mache bunt, wahrscheinlich Menschen.

Ganz gewöhnlich, spektakuläre

Normalität.

Ja, klar. In meiner Welt

natürlich. Woanders ist es anders.

Ein Freund hat seine Drohne mitgebracht

und aus hoher Höhe Bilder, Fotos gemacht.

Kein Ding, könnte ich jetzt

lax sagen.

Ganz nett. Aber: Was ist

jetzt die Botschaft?

Na ja. Es ist so:

Die schlichte und nur

scheinbar banale Erfahrung, das mit Abstand und von oben betrachtet alles,

wirklich alles, anders wird

Weil bezogener. Im

Zusammenhang zu etwas Anderem. Das Haus zu den Nachbarhäusern, der Garten zum

Wald, meine Gäste zu den Menschen auf der Straße.

Alles relativ, alles bezogen,

in einem Verhältnis zueinander.

Und?

Ich jedenfalls nehme mich

meistens zu wichtig.

Ich jedenfalls denke relativ

oft an mich.

Ich jedenfalls, drehe mich

oft um mich, oder um meine Idee, meine Vorstellung davon, wie mein Leben jetzt

gerade laufen sollte.

Ich weiß.

Das ist ja nun nicht per se

schlecht.

Schlecht, doof und sogar

schädlich wird´s erst, wenn ich den Blick für das Ganze vergesse.

Den Blick von oben sozusagen.

Das da noch eine Welt ist,

größer als meine, und ich in ihr.

Das da noch Menschen sind,

andere, als die Vertrauten, und ich mit ihnen – auf dieser Welt.

Das da noch eine Wirklichkeit

ist, verschieden von meinem Erleben, und ich eine Wirklichkeit neben anderen

bin.

Das heißt jetzt nicht: also

egal, weil alles relativ.

Das heißt: Verschiedenheit

verpflichtet zum Miteinander.

Konkret: zum Ertragen, zum

Unterschiede aushalten, zum Aushandeln, was für Alle gut ist.

Der Gott-Mensch, an den ich

glaube, hat jedenfalls als Mensch unter Menschen gelebt, wurde an ein Kreuz genagelt,

ist langsam gestorben

und am dritten Tag wieder

auferstanden von den Toten.

Seine Freiheit mutet mir

Beides zu: allein und zugleich bezogen zu sein.

Beides zugleich.

Das ist die Freiheit, die

Gott uns zumutet;

besser: uns zutraut.

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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  • 14.7.2022
  • Jönk Schnitzius
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