Wiederfinden

Kirche in WDR3 | 12.08.2021 | 00:00 Uhr

Autorin: Guten Morgen!

Geräusch: Schlüsselklimpern

Autorin:

Er

ist genau 91 Gramm schwer, hält vier einzelne Schlüssel zusammen, darunter

Haustür, Büro, Briefkasten und Fahrrad. Mein Schlüsselbund. Wenn ich ihn in der

Hand habe, klirrt er wie eine Handvoll Münzen. Ein löchriges Ledertäschchen

hält die kleine Schlüsselfamilie zusammen. Ach ja, und – hab´ ich es schon

gesagt? Er ist der kostbarste und schönste Schlüsselbund aller Zeiten!

Seit

wann ich das weiß?

Tja,

seit ich ihn verloren habe…

Vor

ein paar Wochen war`s; da hab´ ich ihn nach einem Spaziergang nicht mehr finden

können.

Dann

ging die Suche los: Jeden Quadratzentimeter des Spazierwegs habe ich mit

Argusaugen umgepflügt; dann nach zwei Tagen vergeblicher Suche: Anruf beim

Fundbüro Üdorf und Nachfrage bei der Polizei. Nach einer Woche schließlich die

Einsicht: Er ist jetzt wirklich weg. Ich muss mich wohl damit abfinden, ihn

niemals wieder zu sehen.

„Verloren“: Das Wort hat

seit der Pandemie Hochkonjunktur!

Oft

höre ich wie Leute in Bezug auf Corona sagen „Das ist eine verlorene Zeit".

Oder man hört von vielen, die ihre Arbeit oder den Kontakt zu ihren Lieben verloren haben. 2020 war sogar das

Jugendwort des Jahres „lost". Verloren, verloren, verloren.

Aber

was verloren gegangen ist, das kann

auch wieder gefunden werden, denke ich.

Übrigens,

wussten Sie, dass Gott von Anfang an auch auf der Suche ist?

In

der Paradiesgeschichte versteckt sich der Mensch vor Gott zwischen den Bäumen

im Garten Eden. Als Gott abends durch den Garten geht, ist das erste was Gott

direkt zum Menschen sagt: Wo bist du?

Von

Anfang an also – so sagt der Glaube – sucht Gott nach dem Menschen. So wertvoll

ist er ihm, dass er nicht aufhört, nach ihm zu suchen.

Naja,

was soll ich sagen: Letzte Woche öffne ich den Kofferraum meines Autos, und ich

habe auf einmal so ein merkwürdiges Bauchgefühl, fühle am Rand der Matte noch

einmal nach und: Da liegt er – mein Schlüsselbund!

Ein

Augenblick, der irgendwie surreal war. Jetzt habe ich ihn wieder. Endlich! Im

Innern habe ich nicht aufgegeben zu suchen.

Wie

wertvoll muss der Mensch für Gott sein, – denke ich-, dass er jeden einzelnen

Menschen so lange sucht und ihm nachgeht, bis der sich – vielleicht – finden

lässt…

Und

dann einfach Freude.

Ich

wünsche Ihnen einen guten Morgen, Ihre Pfarrerin Nicola Thomas-Landgrebe aus

Köln Frechen

Redaktion: Landespfarrerin

Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/55833_WDR3520210812Landgrebe.mp3

  • 12.8.2021
  • Nicola Thomas-Landgrebe
  • © CCO Pixabay
Downloads