Autorin: Guten Morgen!
Geräusch: Schlüsselklimpern
Autorin:
Er
ist genau 91 Gramm schwer, hält vier einzelne Schlüssel zusammen, darunter
Haustür, Büro, Briefkasten und Fahrrad. Mein Schlüsselbund. Wenn ich ihn in der
Hand habe, klirrt er wie eine Handvoll Münzen. Ein löchriges Ledertäschchen
hält die kleine Schlüsselfamilie zusammen. Ach ja, und – hab´ ich es schon
gesagt? Er ist der kostbarste und schönste Schlüsselbund aller Zeiten!
Seit
wann ich das weiß?
Tja,
seit ich ihn verloren habe…
Vor
ein paar Wochen war`s; da hab´ ich ihn nach einem Spaziergang nicht mehr finden
können.
Dann
ging die Suche los: Jeden Quadratzentimeter des Spazierwegs habe ich mit
Argusaugen umgepflügt; dann nach zwei Tagen vergeblicher Suche: Anruf beim
Fundbüro Üdorf und Nachfrage bei der Polizei. Nach einer Woche schließlich die
Einsicht: Er ist jetzt wirklich weg. Ich muss mich wohl damit abfinden, ihn
niemals wieder zu sehen.
„Verloren“: Das Wort hat
seit der Pandemie Hochkonjunktur!
Oft
höre ich wie Leute in Bezug auf Corona sagen „Das ist eine verlorene Zeit".
Oder man hört von vielen, die ihre Arbeit oder den Kontakt zu ihren Lieben verloren haben. 2020 war sogar das
Jugendwort des Jahres „lost". Verloren, verloren, verloren.
Aber
was verloren gegangen ist, das kann
auch wieder gefunden werden, denke ich.
Übrigens,
wussten Sie, dass Gott von Anfang an auch auf der Suche ist?
In
der Paradiesgeschichte versteckt sich der Mensch vor Gott zwischen den Bäumen
im Garten Eden. Als Gott abends durch den Garten geht, ist das erste was Gott
direkt zum Menschen sagt: Wo bist du?
Von
Anfang an also – so sagt der Glaube – sucht Gott nach dem Menschen. So wertvoll
ist er ihm, dass er nicht aufhört, nach ihm zu suchen.
Naja,
was soll ich sagen: Letzte Woche öffne ich den Kofferraum meines Autos, und ich
habe auf einmal so ein merkwürdiges Bauchgefühl, fühle am Rand der Matte noch
einmal nach und: Da liegt er – mein Schlüsselbund!
Ein
Augenblick, der irgendwie surreal war. Jetzt habe ich ihn wieder. Endlich! Im
Innern habe ich nicht aufgegeben zu suchen.
Wie
wertvoll muss der Mensch für Gott sein, – denke ich-, dass er jeden einzelnen
Menschen so lange sucht und ihm nachgeht, bis der sich – vielleicht – finden
lässt…
Und
dann einfach Freude.
Ich
wünsche Ihnen einen guten Morgen, Ihre Pfarrerin Nicola Thomas-Landgrebe aus
Köln Frechen
Redaktion: Landespfarrerin
Petra Schulze
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/55833_WDR3520210812Landgrebe.mp3