„Malek,
heißt es der, die oder das Apfel?“ „Das Apfel“. „Ähh“, nicht ganz erwidere ich.
„Versuche es noch mal.“ „Die Apfel“? Natürlich kann Malek nur raten, denn woher
soll er die Antwort wissen. Er ist Grundschüler und musste mit sieben Jahren
aus Syrien flüchten. Weit weg von Zuhause und plötzlich in einem fremden Land,
mit einer fremden Kultur und einer völlig neuen Sprache konfrontiert. Dieser
Junge hat schon mehr Leid gesehen, als ich wahrscheinlich je sehen werde.
Und
nun muss ich ihm erklären, dass es „der Apfel“ heißt, im Plural aber, „die
Äpfel“ und ich „den Apfel“ esse. Das er nun von links nach rechts schreiben
muss und nicht mehr wie im arabischen von rechts nach links, scheint noch das
geringste Problem zu sein. Mir wird wieder klar: In welche Familie ich geboren
werde, in welchem Land ich lebe und wie wohlhabend meine Familie ist – das kann
kein Mensch beeinflussen. Diese, für mich selbstverständige Tatsache, würden
sich viele Millionen Menschen auf der Welt wünschen.
Mit
diesem dicken Lebensbonus kann ich großzügiger sein. Nicht jeder muss sofort
loslaufen und helfen. Oft reicht es offen, freundlich zu sein und Menschen mit
anderer Herkunft geduldig gegenüberzutreten. Eine einfach Regel hilft mir
dabei. Die ist so alt wie die Menschheit und lautet: Ich frage mich, wie ich behandelt werden
möchte und verhalte mich dann den anderen gegenüber genauso.
Sprecher: Daniel Schneider
Redaktion: Daniel Schneider
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