Matzah

Kirche in WDR3 | 24.08.2021 | 00:00 Uhr

Autorin: „Boker tov“ – das ist Hebräisch und heißt Guten Morgen.

Geräusch: Matzah brechen

Autorin: Haben Sie’s erkannt? Klingt wie Knäckebrot. Ist auch Knäckebrot. Aber

kein gewöhnliches. Das waren Matzen – sozusagen jüdisches Knäckebrot. Die

Hauptzutat ist Weizenmehl. Und die Hauptsache ist: Das Brot, die Matzen, sind

ungesäuert. Ungesäuert bedeutet, dass der Teig keine Zeit hatte zu gehen. Die

Produktion darf maximal 18 Minuten dauern. Mit diesem Brot erinnern die

Geschwister jüdischen Glaubens an die überstürzte Flucht aus Ägypten vor tausenden

von Jahren. Damals war keine Zeit mehr, um gutes Brot zu backen. Es musste

schnell gehen.

Ganz anders ist das bei Challoth. Das sind duftende,

weiche, geflochtene Weißbrotzöpfe. Es gibt sie im Judentum mit Mohn oder Sesam

bestreut. Man isst sie freitags – also am Schabbat – und an Feiertagen. Ein ist

ein Festtagsbrot. Man darf sich Zeit beim Backen lassen. Und weil’s weich und

fluffig ist, kann man’s beim Brotbrechen nicht hören.

Leckeres Weißbrot nur freitags? Und an den anderen

Tagen Knäckebrot? Nein, ganz so ist es nicht. Aber Challoth. Das ist besonderes

Brot. Jüdinnen und Juden brechen es miteinander und essen es mit ein wenig Salz

bestreut nach dem Gottesdienst, wenn das Wochenende beginnt. Wie die Matzen

erinnert auch das geflochtene Weißbrot an Geschichten, die sehr alt sind. Als

es den Tempel in Jerusalem noch gab, da aßen dieses Brot nur die Priester.

Heute essen es alle. Und erinnern sich: an den Tempel, an die Güte Gottes, der

seine Schöpfung nicht im Stich lässt.

Was heißt das? Als die Israeliten aus Ägypten

fliehen sagt Gott: Macht schnell, nehmt Brot mit, aber macht schnell. Die

Flucht dauert lang. Das Brot geht aus. In der Wüste fällt Manna vom Himmel –

Himmelsbrot. Und am Freitag fällt sogar doppelt so viel Manna vom Himmel. Eine extra

Portion für den Schabbat. Den Ruhetag. Gott kümmert sich. Daran erinnern sich

die jüdischen Geschwister bis heute, wenn sie Matzen oder Challoth essen.

Christinnen und Christen tun genau das auch. Brot

ist im Judentum und im Christentum wichtig. Jesus sagt: “Ich bin das Brot des

Lebens.“ Damit greift er die wunderbaren Geschichten aus der hebräischen Bibel

auf. Da steht, dass Gott den Menschen gezeigt hat, wie sie Getreide anbauen

können. Und wie sie in Schreckmomenten und in Wüstenzeiten satt werden: Brot

macht lebendig, Brot befreit.

Ich spüre das beim Abendmahl. Wenn ich mit den anderen neben mir ein Stück

Brot gereicht bekomme und einen Schluck Wein trinke, dann fühle ich mich

gestärkt. In mir breitet sich das Gefühl aus, nicht allein zu sein.

Matzen. Das ist also viel mehr als nur Knäckebrot. Das ist eine Erinnerung

daran, dass Gott uns nicht verhungern lässt und dass er immer wieder sagt: Egal

wo du hinläufst, ich bin da und stärke dich.

Es

grüßt Sie Ihre Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel aus Odenthal.

Redaktion: Landespfarrerin

Petra Schulze

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  • 24.8.2021
  • Julia-Rebecca Riedel
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