Guten Morgen.
Egal, ob die French Open, die
olympischen Spiele oder einfach bloß das Fußballspiel zwischen dem SC Bad
Salzuflen und SV Werl-Aspe. Ich finde es spannend mir diese Wettkämpfe
anzuschauen. Ich fiebere gerne mit. Ich teile mit den Teams die unendliche
Freude über den Sieg, einen Platz auf dem Treppchen, eine Platzierung unter den
besten fünf oder auch nur über die persönliche Bestleistung. Ansatzweise kann
ich auch das Gefühl von Scheitern mitfühlen. Wie enttäuscht ist da einer, wie
traurig ein anderer, wie groß sind Ärger und Wut, wenn man weiß: Ich kann es
doch eigentlich besser. Aber ich konnte es nicht zeigen. Die Tränen, die dann
fließen, tun mir leid.
Bei allem sportlichen Ehrgeiz
und Konkurrenzkampf erlebe ich auch vor oder nach dem Wettkampf oder dann bei
der Siegerehrung eine Solidarität und ein Miteinander. Denn man teilt ja nicht
nur die Leidenschaft für einen gemeinsamen Sport. Sondern alle, die
Wettkampf-Sportarten machen oder lieben wissen, was es bedeutet dabei zu sein,
den Druck zu spüren, gewinnen zu wollen, zeigen zu wollen, was man kann. Man
gratuliert sich, tröstet sich und freut sich für den anderen – oder man teilt
sich wie bei diesen olympischen Sommerspielen von Tokyo die Goldmedaille.
Doch dann gibt es da die
Spielverderber, die Paragrafenreiter – diese Regelspezialisten. Diejenigen, die
direkt mit den Spielregeln oder den Wettkampf-Bestimmungen herumwedeln.
Diejenigen, die nur die Regeln und ihre Einhaltung im Blick haben. Worum es
dabei eigentlich geht, tritt dabei einfach in den Hintergrund. Das kennt man
natürlich auch in anderen Bereichen. Nicht nur im Sport. Jesus hat mal Stellung
bezogen zu dem Thema: Er sagt: „Die Regeln sind für
den Menschen da, nicht der Mensch für die Regeln.“ Er mutet uns zu, selbst klug zu entscheiden, wo Regeln
unbedingt angewendet werden müssen und wo auch mal eine Ausnahme erlaubt ist.
Und er traut uns zu, diese Entscheidung gut zu treffen.
Freiheit, vor allem
Entscheidungsfreiheit ist nicht immer leicht. Weder auf dem Sportplatz, noch bei
Olympia oder auch sonst im Leben. Jesus und seine Jüngerinnen und Jünger
wussten: Wir treffen keine einsame Entscheidung. Wir haben einander. Da sind
andere, die uns bestärken, uns unterstützen, uns anfeuern und uns einen
Powerriegel kurz vorm Ziel reichen. Doch da sind nicht nur andere, sondern da
ist auch Gott, der die Entscheidung mit uns trägt. Eine Entscheidung getroffen
mit Verstand und vor allem dem Herz. Mit Liebe.
„Liebe deinen Nächsten wie
dich selbst!“ Sagt Jesus dann noch. Die Liebe, die ein Geschenk Gottes
ist und eine Liebe, die verwirrende Welt mit ihren tausend Entscheidungen
weniger bedrohlich macht. Und es ist ja so: Die Jüngerinnen und Jünger treibt
nicht die Lust an der Grenzüberschreitung oder die Neugierde auf das Verbotene
an oder das Gewinnen einer Medaille. Sie wollen etwas für die Menschen und
wollen dazu Regeln brechen. Aber eben nicht um jeden Preis. Menschen brauchen Regeln als Hilfe und
Anleitung. Als Richtschnur, die Orientierung bietet. Aber das leitende Maß ist
die Liebe – und dann kann man doch teilen, was man nicht für möglich gehalten
hat: wie eine Goldmedaille.
Es grüßt Sie, Pfarrerin Veronika Grüber aus Bad
Salzuflen.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
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